Höhere Tabaksteuer: Tabakindustrie warnt vor Schwarzmarkt

Finanzministerium will Zigarettenpackungen pro Jahr 5 Cent anheben

(dpa) In der kommenden Woche könnte das Bundeskabinett beschließen, die Tabaksteuer stufenweise zu erhöhen. Die Tabakwirtschaft reagiert und warnt vor Preiserhöhungen um bis zu 100 Prozent und mehr Schwarzmarktkäufen. Mit Blick auf die Pläne der Bundesregierung für höhere Tabaksteuer-Einnahmen warnt die Zigarettenbranche vor einem Erstarken des Schwarzmarktes. Sollte die Steuerlast für E-Zigaretten und Tabakerhitzer deutlich erhöht werden, könnte der Preis für diese Produkte um bis zu 100 Prozent steigen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE), Jan Mücke, in Berlin. „Das würden viele Verbraucher nicht mitmachen – die Bereitschaft würde steigen, unversteuerte und gefälschte Ware zu kaufen.“ Dadurch drohten besonders schwere Schäden, da solche Produkte nicht auf ihre Sicherheit geprüft seien.

Das Bundeskabinett könnte das Vorhaben bereits in der kommenden Woche beschließen, danach wären Bundestag und Bundesrat am Zug. Das Finanzministerium plant eine stufenweise Anhebung der Tabaksteuer im Zeitraum von 2022 bis 2026. Eine Packung klassischer Kippen soll pro Jahr 5 Cent teurer werden, am Ende also 25 Cent mehr als bisher – nach Auffassung von Mücke wäre das „gerade so an der Grenze des Vertretbaren, damit nicht auch der Tabakraucher stärker als bisher in den Schwarzmarkt drängt“. Derzeit zahlen die Deutschen je Schachtel im Schnitt etwa 7 Euro, der Großteil davon geht als Steuern an den Staat.

Höhere Steuern für Tabakerhitzer

Dem Gesetzesentwurf zufolge sollen Tabakerhitzer-Produkte nicht wie Pfeifentabak – also relativ niedrig – besteuert werden, sondern wie Zigaretten, dadurch wären deutlich mehr Steuern fällig. E-Zigaretten und Liquids wiederum, bei denen bisher nur die Umsatzsteuer berechnet wird, sollen in die Tabaksteuergesetzgebung fallen. Damit sollen „Steuermehreinnahmen durch die Anwendung eines sachgerechten Steuertarifs“ erzielt werden, wie es im Referentenentwurf des Ministeriums heißt. Bei E-Zigaretten mit Nikotin plant Berlin bisher mit 135 Mio. Euro an Steuereinnahmen im zweiten Halbjahr 2022, 311 Mio. Euro im Jahr 2023, 708 Mio. Euro im Jahr 2024 und schließlich 800 Mio. Euro (2025) und 896 Mio. Euro (2026). Im Jahr 2022 sollen Tabakerhitzer 313 Mio. Euro an Steuereinnahmen einbringen, bis 2026 soll dieser Wert auf 525 Mio. Euro steigen. Aus Sicht von Mücke ist das Wunschdenken. „Um solche Werte zu erreichen, müsste es erheblich mehr Nutzer solcher Produkte geben“, sagt der Lobbyist. Aber wenn die Preislatte so hoch liege, werde die Nutzergruppe, die legal einkaufe, eher klein bleiben. Eine hohe Steuer wäre „eine Einladung an Schwarzhändler, in diesen Markt einzusteigen“.

Die Tabakbranche ist im Wandel

Große Konzerne wie Philip Morris, British American Tobacco und Imperial Tobacco (mit seiner Deutschlandtochter Reemtsma) setzen auch auf elektronische Zigaretten und auf Tabakerhitzer, um unabhängiger zu werden vom klassischen Tabak, der wegen Krebsgefahren Gesundheitspolitikern und Medizinern ein Dorn im Auge ist. Bei den Erhitzern – auch Verdampfer genannt – wird der Tabak nicht verbrannt, sondern nur heiß gemacht. Dadurch kommen weniger Schadstoffe in die Lunge. Krebserregend bleibt das Produkt dennoch. Liquids für E-Zigaretten wiederum enthalten keinen Tabak, sondern nur Nikotin. Zudem gibt es nikotinfreie Liquids. Kritiker warnen bei den Elektrokippen, dass junge Leute sie als Einstiegsdroge nutzen könnten. Befürworter bewerten sie hingegen als Hilfsmittel für Kettenraucher, damit die einen Schritt raus aus ihrer Sucht machen können.

Hoher Anteil unversteuerter Produkte

Mücke untermauert seine Argumente mit einem Blick auf die Statistik eines Marktforschungsunternehmens, das jedes Jahr rund 190.000 Zigarettenpackungen aus dem Müll sammelt und auf ihre Steuermarken überprüft. So lag der Anteil von Zigarettenschachteln, die nicht in Deutschland versteuert wurden, zuletzt bei rund 17 Prozent im Bundesschnitt. In Ostdeutschland lag der Wert sogar bei 37 Prozent – Mücke erklärt dies mit der Nähe zu Tschechien und Polen, wo billige Schwarzmarktware leicht zu bekommen sei.

Bei E-Zigaretten und Tabakerhitzern spielten illegal verkaufte Produkte bislang kaum eine Rolle. Dies könnte sich durch einen starken Preisanstieg aber ändern, moniert der Branchenvertreter. Die bisher letzte Erhöhung der Tabaksteuer datiert aus dem Jahr 2015. Schon vor zwei Jahren hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Pläne zur Erhöhung der Tabaksteuer geäußert, E-Zigaretten wollte er hierbei aber ausnehmen. Im aktuellen Entwurf sind sie drin.