Pro & Kontra Tabakerhitzer

Neue GfK-Umfrage soll Schwung in die Debatte bringen

(pm/sp) Als gute und sinnvolle Alternative zum Rauchen werden Tabakerhitzer der Marken Iqos von Philip Morris und glo von British American Tobacco präsentiert. Ab dem Jahreswechsel sollen jedoch Werbemöglichkeiten verboten, die Uhr tickt also. Nun soll eine aktuell veröffentlichte, von Philip Morris in Auftrag gegebene GfK-Umfrage Schwung in die Debatte bringen: Sind solche Produkte hilfreich, damit die Menschen wegkommen vom Kettenrauchen und umsteigen auf Tabakerhitzer, deren Schadstoffgehalt geringer als bei Verbrennungskippen ist? Und sollte man darüber eher mehr statt weniger informiert werden? Appelle für einen kompletten Rauchstopp zeigten bei vielen Rauchern keine Wirkung, betont Philip Morris. Der wissenschaftliche Sprecher von Philip Morris in Deutschland, Alexander Nussbaum, sagt, für diese Gruppe wäre es besser, wenn sie etwa auf Tabakerhitzer umstiegen, statt bei den Verbrennungsprodukten zu bleiben. Um ihr Wissen über die verbrennungsfreien Produkte zu stärken, sei eine intensive öffentliche Aufklärung erwachsener Raucherinnen und Raucher nötig. „E-Zigaretten oder Tabakerhitzer zu nutzen hat ein geringeres Schadenspotenzial als weiter zu rauchen – diese Erkenntnis ist noch immer nicht sehr weit verbreitet.“

Jan Mücke (BVTE): Schwere Fehler der Politik
Philip Morris hat bei diesem Thema handfeste wirtschaftliche Interessen. So sind die Tabakerhitzer Teil eines Kurswechsels des Konzerns. In den vergangenen Jahren hat Philip Morris in „risikoreduzierte Produkte“ tatsächlich rund neun Milliarden Dollar investiert – neben den Tabakerhitzern geht es um E-Zigaretten und Nikotinbeutel. Der Konzern will damit auch in der Zukunft, wenn der Verkauf von Verbrennungszigaretten wegen restriktiver staatlicher Vorgaben immer schwieriger wird, über einen einträglichen Geschäftszweig verfügen. Dazu soll die intensive Werbung in den Straßen beitragen und so Iqos zum Massengeschäft machen. Man ist beim Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) davon überzeugt, dass dieser Marktanteil weiter steigt. Doch die Frage sei, wie steil der Zuwachs verlaufe, sagt Hauptgeschäftsführer Jan Mücke. Dass ab Januar keine Außenwerbung mehr erlaubt sei – obwohl diese Produkte erheblich weniger Schadstoffe enthielten – sei „ein schwerer Fehler der Politik“.

Ambitionierte Ziele qualifizierter Anbieter
Für die neuen Produkte verfolgt die Industrie ambitionierte Ziele. Philip Morris will bis 2025 weltweit mehr als 40 Millionen Iqos-Nutzer haben – und damit gut doppelt so viele wie aktuell. Nach Firmenangaben sind es in Deutschland etwa 670 000. Den Anteil am hiesigen Tabakmarkt gibt PMI mit 3,7 Prozent an und damit 0,9 Punkte mehr als im Herbst 2021. Auch Konkurrent BAT will die Verkäufe nach oben bringen und hat sich eine „Transformation“ auf die Fahnen geschrieben. „Das Tempo, mit dem erwachsene Raucher auf diese Alternativen umsteigen, nimmt weiter Fahrt auf“, erklärt eine Unternehmenssprecherin. Damit Verbrennungszigaretten bei der Anti-Rauchen-Debatte einen höheren Stellenwert bekommen, soll die am Donnerstag vorgestellte Umfrage gewissermaßen eine Argumentationshilfe sein. 29 Prozent der Raucher wollen der Umfrage zufolge „unbedingt“ aufhören. Dabei gibt es zeitliche Abstufungen: Fünf Prozent wollen im kommenden Monat aufhören und neun Prozent zeitlich nicht festlegen. Einige sind unentschlossen, 52 Prozent wollen gar nicht aufhören. Je älter die Befragten, desto schwächer fällt ihr Wille für einen Rauchstopp aus. Doch wäre der Umstieg auf Tabakerhitzer nicht ein zu kurzer Schritt – würde damit nicht verhindert, dass Raucher ganz aussteigen und gar nichts Schädliches mehr inhalieren? Für viele Raucherinnen und Raucher sei so ein radikaler Schritt völlig unrealistisch, meint Philip-Morris-Sprecher Nussbaum. Nach seiner Darstellung sind Tabakerhitzer oder E-Zigaretten für diese Gruppe geeignete Alternativen.

Suchtforscher Kotz hat eine andere Meinung
Unter Suchtforschern stößt das Vorgehen von Philip Morris auf massive Kritik. Der Epidemiologe Daniel Kotz erklärt: „Die Tabakindustrie stellt sich als Problemlöser dar, dabei hat sie selbst das Problem unzähliger Krebstoten verursacht.“ So wolle die Tabakindustrie den Eindruck erwecken, dass sie ein Produkt für den Gesundheitsschutz auf den Markt bringt. „Das ist heuchlerisch und irreführend.“ Tatsächlich wolle man die Kunden damit an ein weiteres Nikotinprodukt binden. Kotz leitet die „Debra-Studie“, die regelmäßig Bundesbürger zu ihrem Rauchverhalten befragt. Im vergangenen Jahr lag der Untersuchung zufolge der Anteil derjenigen, die Tabakerhitzer nutzen, bei 0,3 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren und damit 0,1 Prozentpunkte höher als 2020. Auf Grundlage vorläufiger Zahlen rechnet Kotz für dieses Jahr mit einer leichten Zunahme.

Das DKFZ
Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) warnt davor, die Tabakerhitzer als eine „gute Alternative“ darzustellen. „Sie sind nicht gut – sie sind riskant.“ Raucher müsse man beim Weg zum Rauchstopp unterstützen „und nicht zum nächsten schädlichen riskanten Produkt geleiten“. Außerdem gebe es noch keine Langzeitstudien, daher seien die Folgen von Tabakerhitzern für die Gesundheit noch unklar.

Der Drogenbeauftragte
Zu diesem Thema kommt aus Berlin eine weitere Wortmeldung. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, sagt, dass es zwar richtig sei, dass die modernen Erhitzer im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger Schadstoffe enthielten. „Sie bleiben aber gesundheitsschädlich.“ An Raucherinnen und Raucher laute die Botschaft: „Wenn irgend möglich ganz aufhören.“ Dazu gebe es professionelle Hilfe und Unterstützung, sagt er.

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