Das Comeback der Hausbar

In Zeiten des Cocooning ist die Hausbar wieder lässig und schick

(pm/sp) Der Filmheld à la Humphrey Bogart hob gerne mal das Glas. Daheim und trotzdem im feinen Nadelstreif trat er nach Feierabend an die gut befüllte Hausbar und schenkte sich ein Gläschen ein. Frank Sinatra und Bing Crosby kippten in „Die oberen Zehntausend“ genüsslich mehr als einen Champagner, James Bond schüttelte sich nicht nur in „Dr. No“ einen Martini zusammen. Und wenn der Starwerber Don Draper in der Serie „Mad Men“ einmal das Büro gegen die eigene Bleibe tauschte, mischte er sich an der eigenen Bar erst einmal einen „Old Fashioned“. Und der Cocktail mit anständig viel Whiskey und einer Orangenscheibe war nicht der erste des Tages.

Der Drink daheim mag sehr Retro anmuten. Die schicke Lässigkeit längst vergangener Jahrzehnte erlebt aber gerade ein Revival. Weniger hölzern begehrt die Hausbar wieder Einlass in so manche Wohnung. Der kultivierte Drink macht dem Nickerchen auf dem samtenen Sofa Konkurrenz, Lifestyle in der Vertikalen, sozusagen. Die Hausbar ist groß im Kommen, sagt Susanne Knacke von der Münchner Möbelfirma Kare, die weltweit über 100 Shops betreibt. „Sie wirkt im Wohnraum wie eine Insel, um Freunde zu treffen.“ Und nicht wie die Wiederkehr selbstgerechter Herrenrunden mit Zigarre, Cognacschwenker und den dazugehörigen Witzen.

Bereits 1932 findet sich in der Zeitschrift Innendekoration eine Geschichte über „Die kleine Hausbar“. Sie sei eine „der Erfindungen unserer Neuzeit“, heißt es darin. „Der primitivste Anfang war die hinter Büchern versteckte Cognacflasche.“ Dann entwickelte sie sich zu einem „kleinen Lagervorrat von Likör und Cigarren in einem Gefach des Bücherschrankes“, der sich alsbald nicht nur „selbständig“, sondern auch „beweglich machte“. Als Likörwagen auf Rädern oder als „Barschlitten, der geräuschlos über den Teppich gleitet“.

Nüchtern betrachtet ist die Hausbar gestern wie heute Zeichen von Eleganz, Stil und Glamour. Heute könnte man auch von einer „Recreation-Zone“ sprechen. Und gerade deshalb bleibt auch ein wenig von früher heute „in“. Sie ist meist nicht mehr Mittelpunkt einer pompösen Schrankwand, in der sich inmitten von Hegel, Nietzsche und Kafka plötzlich eine Klappe öffnet und den Blick auf verspiegelte, lichtumflorte Alkoholika freigibt. In unseren Tagen setzen die Designer eher auf kleinere Trankmöbel. Wie wäre es dabei zum Beispiel mit abgesteppter Lederpolsterung im Chesterfield-Stil?

Die modernen Barschränke geben ihr Solo meist auf Stelzen im Raum sehr viel schlanker und ähneln geöffnet einem Triptychon-Altar für den Alkohol. Karaffen und Kristallgläser indirekt beleuchtet, Whisky und Wermut vor kleinen Spiegelchen, was die Hausbar viel spektakulärer erscheinen lässt.

Die „Magic Cube Bar“ von Yomei, einer kleinen, feinen Möbelmanufaktur aus dem ostwestfälischen Detmold, ist zwar alles andere als ein Wunderding, doch mit nur 60 Zentimeter Tiefe zieht sie in Hochglanzlook gekleidet die Freunde der puristischen New-Wave-Formen sicherlich magisch an. Innen gibt sie sich wie die Vorfahren: verspiegelt und mit vielen Fächern. Überhaupt scheint die Oberfläche zu zeigen, dass der Lack bei der Hausbar nicht ab ist. Wie auch beim Barschrank „Harri“, den Peter Fehrentz aus Hamburg ersann. Einmal aufgemacht, biete er das große Kino aus einer vermeintlich längst vergangenen Epoche. Homeoffice einmal anders.

Viele neue sind filigraner und flippiger als früher. Der „Float“, den Designer Pietro Russo für die italienische Firma Baxter konstruierte, zeigt die Spirituosen völlig unverhüllt und lässt sie leicht schweben. In einem Nichts von gehärtetem Glas zwischen matter Messingstellage sehen Gast und Gastgeber sofort seine Bestückung.

Eine Hausbar sei eine Generationenfrage, sagt Ursula Geismann vom Verband der deutschen Möbelindustrie. Junge Leute mit 25 würden Gin kaufen und ihn einfach in den Kühlschrank stellen. „Wer sich eine Hausbar anschafft, kauft Luxus“, so Geismann. Es waren stets Menschen von Welt, die die Welt der Drinks einst in ihr Wohnzimmer holten. Und was passt da besser als ein Globus, der, auf einem fahrbaren Dreibein gelagert, im Innersten seiner Weltkugel Platz für eine kugelrunde Bar hat. Schon in den 1950er-Jahren brachte die italienische Firma Zoffoli die trinkbare Erde auf den Markt. Kitsch, aber mit Stil.

Ein Wägelchen mit Stahlrohr, Holz und sehr großen Rädern mit Gummireifen unten dran. Der als besonders spießig verschriene Servierwagen feiert als Patachon der Hausbar ein fröhliches Wiedersehen in der Wohnzimmerästhetik. Ein rollender Klimbim für alle diejenigen, die nicht mit einer Batterie von Alkoholika protzen wollen, sondern einfach nur eine Flasche Gin und zwei Tonic-Bouteillen vom Kühlschrank in der Küche durch den Flur bis zum Sofa im Wohnzimmer fahren wollen. Hochprozentig heimelig.

Kitsch mit Stil auf dem Foto: https://www.zoffoli.com/elegance/de/