Bundestag beschließt weitreichendes, gestaffeltes Werbeverbot für Tabakprodukte

Mehrheit für Koalitionsantrag / FDP beklagt „übertriebene Einmischung des Staats“

(AFP/sp) Tabakkonzerne dürfen künftig nur noch in eng begrenzten Ausnahmefällen für ihre Produkte werben. Der Bundestag nahm in der Nacht zum Freitag ein Gesetz an, das die Außenwerbung für Tabakprodukte – etwa in Form von Plakaten – verbietet. Lediglich an Tabakfachgeschäften darf derartige Werbung angebracht werden. Im Kino dürfen Werbespots für Tabakprodukte nur noch in Filmen laufen, die nicht für Jugendliche freigegeben sind. Das Bundeskabinett hatte ein solches Verbot bereits 2016 beschlossen. Im Bundestag steckte die Vorlage zum Werbeverbot dann aber jahrelang fest – vor allem wegen des Widerstands in der Unionsfraktion. Dort herrschten generelle Bedenken gegen einen derartigen Eingriff.

Die neue Regelung für die Kinowerbung soll schon zum Jahreswechsel in Kraft treten. Die Einschränkungen für Außenwerbung sollen stufenweise umgesetzt werden – sie gelten ab dem 1. Januar 2022 für Tabakwaren, ab dem 1. Januar 2023 für Tabakerhitzer und ab dem 1. Januar 2024 für elektronische Zigaretten. Schätzungen zufolge hat die Tabakindustrie für Kino- und Außenwerbung zuletzt 100 Millionen Euro im Jahr ausgegeben. Ein Teil dieser Einnahmen floss auch an die Kommunen – etwa für Plakatwerbung an Bushaltestellen. Diese Einnahmen gehen den Kommunen nun verloren.

Chancen auf weitere Werbeverbote – etwa für Alkohol und Zucker – sieht die Union aber nicht. „Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch machen Produkte wie Alkohol und Zucker weder krank noch abhängig“, sagte die stellvertretende Unionsfraktionschefin Gitta Connemann (CDU) zu AFP. „Hier macht die Dosis das Gift.“ Tabak hingegen nehme eine Ausnahmestellung ein, die ein Werbeverbot rechtfertige: „Tabak tötet auch bei bestimmungsgemäßem Konsum: Nur eine Zigarette am Tag kann krank machen“, sagte Connemann.

Die FDP kritisierte das nun beschlossene Werbeverbot als zu weitgehend. „Das Werbeverbot für Tabakprodukte und E-Zigaretten ist eine völlig übertriebene Einmischung des Staates“, sagte FDP-Fraktionsvize Frank Sitta zu AFP. „Wenn auf weniger schädliche Produkte nicht mehr hingewiesen werden kann, erweist es sich sogar als kontraproduktiv für den Gesundheitsschutz.“

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