BfR bewertet Nikotin-Pouches: Frei von Tabak, aber…

Das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt auch hier vor gesundheitlichen Risiken / Was ist auch sonst zu erwarten?

(us/sp) In Skandinavien ist sogenannter „Snus“ traditionell beliebt: Die kleinen Tabakbeutel werden hinter die Oberlippe aufs Zahnfleisch geschoben und einige Zeit im Mund behalten. So gelangt das enthaltene Nikotin über die Schleimhaut in den Körper. Nun kursieren auch in Deutschland tabakfreie Nikotinbeutel – auch Nikotin-Pouches oder Nicopods genannt – als moderne Nachfolger des altbekannten Oraltabaks. Sie bestehen aus Pflanzenfasern, Feuchthaltemitteln, Wasser, Aromen und Nikotinsalzen. Die Kontrollbehörden der Länder stufen sie als „Novel Food“, also neuartige Lebensmittel, ein. Sie benötigen für Deutschland eine Zulassung, die aber nicht vorliegt. Somit ist ihr Verkauf hierzulande verboten. Über den Online-Handel sind sie allerdings erhältlich – ein Widerspruch.

Mit Minz- oder Fruchtaroma

Die Anbieter versprechen beispiels­weise einen rauchfreien Nikotingenuss oder einen starken Nikotinkick – sauber, diskret und einfach anzuwenden. Da die Beutel keinen Tabak enthalten, entfalle der unschöne Nebeneffekt dunkel verfärbter Zähne. Dafür schmecken die aromatisierten Pouches mit dem pulverartigen Inhalt laut den Anbietern mal frisch, mal fruchtig, etwa nach Minze, Zitrone oder Wassermelone.

BfR: Auch Pouches sind „wahrscheinlich“ suchtauslösend

Was ist von nikotinfreien Pouches zu halten? Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Studien zu den Produkten gesichtet, einige Nikotinbeutel untersucht und eine Stellungnahme zur vorläufigen gesundheitlichen Bewertung von Nikotinbeuteln veröffentlicht. Darin heißt es: „Zur suchtauslösenden Wirkung der Nikotinbeutel liegen dem BfR noch keine spezifischen Erkenntnisse vor.“ Es werde allerdings davon ausgegangen, dass auch diese Form der Nikotinanwendung suchtauslösend ist. Die Behörde mache derzeit „experimentelle Untersuchungen“ mit Nikotinbeuteln. Da Nikotin auf Herz und Kreis­lauf wirkt und potenziell süchtig machen kann, warnt das BfR mehrere Personengruppen vor dem Konsum: Schwangere und Stillende, Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie etwa Bluthochdruck oder koronarer Herzkrankheit sowie Nichtraucher und Jugendliche sollten keine Nikotinbeutel konsumieren. Auch sollten die Beutel keinesfalls in die Hände von Kindern gelangen.

Behörde warnt 

Nach den Untersuchungen des Bundesinstituts für Risikobewertung können Nikotinbeutel den Nikotinspiegel im Blut auf Werte treiben, die auch beim Rauchen herkömmlicher Zigaretten und mancher E-Zigarette erreicht werden. Die Behörde hatte 44 Nikotinbeutel untersucht. Ergebnis: Der Nikotin­gehalt schwankte stark und lag zwischen 1,79 Milligramm und 47,5 Milligramm Nikotin, im Mittel bei 9,48 Milligramm pro Beutel. Zum Vergleich: In der EU liegt die Obergrenze für den Nikotingehalt im Rauch einer Zigarette bei einem Milligramm.