Geißlers Lupe
Wenn einer eine Reise tut…
(Kolumne) …dann kann er was erleben – wenn einer ein Geschäft eröffnet, auch. Wie oft hab ich in den letzten Jahren gehört: ‚Mit der Cigarre arbeiten das wäre es‘ oder ‚Ein eigenes Geschäft betreiben, wie schön‘. Im Zuge der Entwicklungen in meinem Leben, traf ich nun genau diesen Entschluss. Nach all den Jahren „für die Cigarre“ im Außendienst nun also (m)ein eigener Laden – natürlich mit Lounge, was auch sonst. In der Zeit während sich ein solcher Entschluss entwickelt und festigt, geht man mit ganz anderem Blick durch die Stadt. Man sieht allen Ortes viel Leerstand, hier in Eisenach sind es aktuell gut 40 – 50 Ladengeschäfte in der Innenstadt. So dachte ich ‚da sollte das ja kein Problem sein etwas Passendes zu finden‘. Einiges ist schon sehr heruntergekommen, anderes aber auch in schönen Häusern mit ansprechenden Details und guter Infrastruktur.
Schwieriger Start
Schließlich versuchte ich, zu den Anbietern erster Objekte Kontakt aufzunehmen. Ich wählte eine Eisenacher Telefonnummer, nannte der Dame im Maklerbüro die Objektnummer, und sagte wo genau das Objekt in Eisenach liegt. Die Dame fragt erstaunt, „Eisenach? Warum rufen sie dann nicht in Eisenach an?“ Hatte ich, zumindest laut von mir gewählter Vorwahl. Sie sitzt in Dresden und hat keine Ahnung, sagt sie. Hätte sie gar nicht explizit sagen müssen. Wo denn das Objekt sei. Ich sage es nochmals, wieder mit der Objektnummer. Die Dame fragt nach, ob es das mit den drei Türen außen wäre. Nein entgegne ich, das ist schräg gegenüber. Gleicher Komplex aber andere Hausnummer und andere Objektnummer. „Ach so. Da ist was mit dem Verpächter, ich sag dem Chef er soll sich melden.“ Ich habe dann schließlich auch mehrfach mit dem Chef telefoniert; ich bezweifle bis heute, dass er überhaupt weiß, wie ein Haus aussieht. Weiteres Objekt, anderer Makler, Telefonnummer aus Kiel. Die Stimme am anderen Ende fragt nach, wo denn Eisenach wäre. Ich sage in Thüringen. Stille. Dann, wo ist Thüringen? Ich lege auf.
Was lange währt, wird endlich gut
Dann irgendwann fällt mir ein schönes Geschäft auf. Ich informiere mich wem es gehört, klingele und frage nach. ‚Ja, das wäre schon zu haben, aber wir haben nun eine neue Küche. Bei der alten waren die Geräte noch gut, die stehen nun da in den Räumen. Nun können wir die nicht verpachten.‘ Ah ja. Bei einem Gespräch im Gentlemen’s Club ergibt es sich, dass ein Stadtrat einen Kontakt vermittelt. Wir schauen uns ein tolles Gebäude an, 190 Quadratmeter, abgehängte Decken, separate Räume, hochwertige Jalousien, eingebaute Lichtquellen, Lüftungsanlage, Sicherheitsglas und Sicherheitstüren. Perfekt. Der Vermieter, ein wirklich toller Mensch, ist begeistert von unserer Idee. Die Pacht ist sehr gut, einen neuen Fußboden würde er noch verlegen, beim Reinigen der Fassade macht er auch mit. Ein Traum. Ich schlug ein und hatte nun einen Laden, cool.
Der Euphorie folgt Ernüchterung
Nun sind natürlich noch viele weitere Wege erforderlich und erster Euphorie folgt schnelle Ernüchterung, denn nicht immer und überall wird einem der Weg so problemlos geebnet. Neben Hürden bei den Ämtern, sind es auch die ganz alltäglichen Dinge, welche die Geduld sehr herausfordern. Wenn zum Beispiel die Paketdienste das größte Haus in der Straße nicht finden, in dem noch eine Kneipe, ein weiterer Laden und Wohnungen sind…nun ja, das Haus steht da seit 1810, das ist ja auch noch nicht so lange.
Die Irrungen gehen weiter
Schließlich geht es zur Bank, um hier die Geschäftsfinanzierung zu besprechen. Die längst von mir bereitgehaltenen Unterlagen, wie zum Beispiel ein professionell erarbeitetes Leistungs-und Erfahrungsprofil, Businessplan, Statistische Erhebungen und ähnliches lege ich dem Geschäftskundenberater vor. Dieser meint: „Mit der Branche kenne ich mich gar nicht aus.“ Auch kann er sich so gar nichts drunter vorstellen. In Summe nicht wirklich hilfreich. Zur Inanspruchnahme eines Förderkredites bei einem Kreditinstitut in Deutschland darf man auf keinen Fall einen Gewerbeschein haben. Beantragt man die Förderung beim Arbeitsamt muss man zwingend den Gewerbeschein schon haben. Man entwickelt Liebe zu dem Ganzen…
Die Bürokratie lässt verzweifeln
Hat man den Gewerbeschein und mit viel Glück sogar eine/n Steuerberater/in, dann füllt diese/r die Formulare für das Finanzamt aus und reicht diese ein. Nach sechs Wochen erlaube ich mir nachzufragen. „Haben wir ihnen das Formular schon geschickt?“ „Ja, vor über fünf Wochen hat meine Steuerberaterin es Ihnen bereits zurück gesendet.“ Ich erfahre, dass es nun bis zu fünf Monaten dauern kann bis meine Steuer ID da ist. Zum Verständnis: Erst mit der Steuer ID kann ich die Track & Trace Nummer beantragen – und nur mit dieser kann ich Tabakwaren bestellen. Heißt konkret: fünf Monate Pacht, Versicherungen, Nebenkosten – kein Geschäftsstart, keine Einnahmen! Per se also unmöglich, das zu stemmen. Auf freundliche Nachfrage beim Finanzamt erhalte ich sinngemäß die Antwort: ‚Das dauert eben – ich müsse mich gedulden‘. Dankbar nehme ich schließlich die Hilfe meiner Steuerberaterin an, die erwirkt, dass ein beschleunigtes Verfahren eingeleitet wird und nach zwei Tagen ist die Nummer da. Geht doch.
Steiniger Weg hat sich gelohnt
Seitdem klappt alles wie am Schnürchen und am 10. Juli ist dann offizielle Eröffnung. Bis hier her war der Weg oft mehr als nur steinig und einige Male verfluchte ich sogar diese Idee. Dies jedoch immer nur, weil von außen die dicksten Steine in den Weg gerollt wurden. Sicherlich kennt ein jeder diese Art Hürden, die leider nun einmal genommen werden müssen. Wir schauen nun mit großer Freude dem baldigen Start entgegen und hoffen, dass aus Stolpersteinen hübsche Kiesel werden, die uns den Weg verschönern.
Euer
Thomas Geißler