Mit Iqos in die rauchfreie Zukunft

4 Learnings zieht Philip Morris aus seinem Transformationsprozess

(Michael Reidel/Horizont) Iqos statt Marlboro. Der Umbau von Philip Morris gehört zu den außergewöhnlichsten Transformationsprojekten, die es derzeit in der Wirtschaft zu beobachten gibt. Vier Learnings, die man jetzt schon ziehen kann.

Vorgestern hat ein Kollege auf dem Weg von der Kantine zurück ins Büro von Iqos geschwärmt. Er, der jahrelang Hardcore-Raucher war, ist auf Iqos umgestiegen. „Ich finde das Produkt gut“, sagte er beim Verlassen des Aufzugs. In dem handlichen, elektronischen Gerät wird Tabak auf 300 Grad erhitzt. Iqos steht sinnbildlich für den Wandel, den Philip Morris seit gut vier Jahren vollzieht – statt um Marlboro dreht sich bei dem Hersteller nun alles um Iqos und die Vision einer rauchfreien Zukunft. Seit 2017 auf dem Markt, soll die Alternative zur Zigarette Raucher zum Umsteigen bewegen. Doch es ist ein schwieriger und langer Weg, voller Hürden und Klippen. Warum das so ist? Allein in Deutschland hat Philip Morris einen Marktanteil von 37 Prozent, fast jede zweite Zigarette, die hierzulande gekauft wird, kommt aus dem Konzern. Doch jetzt dreht sich alles um Iqos.

Über 150.000 Menschen haben ihre Gewohnheit bisher umgestellt. „Die Transformation unseres Konzerns bedeutet nicht nur den Abschied von konventionellen Produkten und die Schaffung völlig neuer Produkte, sondern auch die Transformation hin zu neuen Wegen in der Kommunikation mit Konsumenten, einschließlich digitaler Kommunikation“, sagt Thorsten Scheib. Der Marketinggeschäftsführer von Philip Morris ist ein Lotse in dem Prozess. Allein zu den bestehenden zehn Flagship-Stores kommen beispielsweise in diesem Jahr insgesamt rund 50 weitere Formate in unterschiedlichen Größen an den bereits vorhandenen Standorten sowie elf weiteren Städten hinzu. „Wir werden unser Netzwerk verdichten“, kündigt Scheib an. Eine höhere Präsenz für den nachhaltigen Erfolg ist nur eine Erkenntnis aus den Tagen des Wandels. Doch es gibt vier weitere entscheidende Learnings.

1. Sei konsequent!

Es ist ein Satz, in dem die ganze Bedeutung der Transformation von Philip Morris steckt. „Wir haben keinen Plan B“, sagt Thorsten Scheib. „Wir ziehen unsere Transformation radikal durch.“ Konsequent richtet sich das Unternehmen in seiner Aufstellung, der Kommunikation und den Prozessen auf Iqos aus. Zwar verkauft der Konzern weiterhin konventionelle Zigaretten, doch sie spielen in der Strategie für die Zukunft keine Rolle mehr. Eine zentrale Herausforderung bei dieser Transformation: „Wir müssen Glaubwürdigkeit gewinnen“, sagt Scheib. „Man neigt dazu, in der Transformation ganz viel über das Produkt nachzudenken. Man muss aber auch den Mitarbeiter konsequent mitnehmen.“ Er weiß, dass viele außerhalb der Philip-Morris-Welt dem Konzern den Wandel nicht abkaufen, ihn als Marketinggag abtun. Mehr noch: Jede Veränderung in der Iqos-Strategie legen Kritiker als Schwäche aus. „Da seht ihr, die meinen es nicht ernst“, heißt es dann in den sozialen Netzwerken. „Die tricksen nur“. Dagegen hilft nur: konsequent sein, nach außen und nach innen. In den Meetings geht es nur noch um Iqos, in der Werbung sind Marlboro und Co verschwunden – um nur zwei Beispiele zu nennen. Dass das so kommen würde, war vor vier Jahren nicht abzusehen. Anfang 2015 gab es für Iqos nur ein Projektteam, das Gros der Mannschaft arbeitete nach wie vor für die konventionelle Zigarette. Ab 2016 wurde das zur Geschichte. „Seitdem fokussiert sich die gesamte Organisation auf Iqos“, sagt der Marketing-Mann Scheib. „Wir vermeiden somit eine Zweiklassengesellschaft.“ Seit diesem Jahr gibt es nicht mal mehr einen eigenen Marketingdirektor für Marlboro, die legendäre Königsmarke des Konzerns und den Hauptumsatzbringer. „Im Team“ heißt die Devise, statt Alt gegen Neu, auch wenn der Konzern nach wie vor die klassische Zigarette mit dem Cowboy verkauft.

2. Vergesst nicht die Mitarbeiter!

Ohne sie funktioniert keine Transformation: die Mitarbeiter. Sie müssen den Wandel tragen, ihn gestalten und leben. Und trotzdem: „Man neigt dazu, in der Transformation ganz viel über das Produkt nachzudenken. Man muss aber auch den Mitarbeiter konsequent mitnehmen“, sagt Scheib. Sie müssen komplett neu denken, andere Arbeitsweisen lernen, neue Tools nutzen und sich für eine neue Marke begeistern, die zunächst wenig Emotionen, sondern vor allem Fakten liefert. Und sie müssen sich auf einmal direkt mit den Kunden auseinandersetzen. „Wir hatten eine ganz klassische B-to-B-Organisation. Wir haben unsere Produkte in den Handel geschickt und dieser hat die Zigaretten verkauft“, sagt Scheib. Das ändert sich mit Iqos komplett. Plötzlich gibt es Shops, ein Callcenter mit einer fünfstelligen Zahl von Anrufen im Monat, Websites – und vor allem gibt es Feedback von den Kunden: Lob, Kritik, Fragen zum Produkt und der Anwendung. Mit der Umstellung der Organisation verändern sich Arbeitsweisen: „Wenn heute ein Kollege beispielsweise einen Key Account wie Shell betreut, dann betreut er diesen in allen Facetten.“ Eine Unterscheidung nach Zigarette und Iqos gibt es nicht.

Weil dem Konzern unter anderem die Expertise im Retail fehlt, werden neue Mitarbeiter eingestellt, die auch integriert werden müssen. Schulungen und Workshops helfen. Doch damit aus dem Ja zum neuen Kurs Vertrauen und Zutrauen wird, braucht es mehr. Immer wieder erklären die Führungskräfte deshalb, was in der Organisation passiert, welches die nächsten Schritte sind, wo es Probleme gibt. „Wir kommunizieren sehr viel und sehr transparent“, sagt Scheib. „Wir wollen alle mitnehmen auf unserem Weg.“

3. Ohne Prozesse funktioniert es nicht!

Eines lernt Philip Morris sehr schnell. Ohne klare Abläufe wird alles im Unternehmen viel zeitintensiver und aufwendiger. Vieles muss in Meetings besprochen und abgestimmt werden, weil es noch keine automatisierten und strukturierten Abläufe gibt oder erst Brücken zu bestehenden Systemen gebaut werden müssen. „Wenn jemand sein Unternehmen transformiert, sollte er sich zuvor seine Prozesse anschauen und Szenarien entwickeln, was alles passieren könnte“, lautet einer der ganz zentralen Ratschläge von Torsten Scheib. Bei Philip Morris wird die Sache zusätzlich kompliziert, weil der Kunde plötzlich in den Mittelpunkt rückt. „Wir richten uns extrem am Konsumenten aus.“ Für eine Firma, die bislang eher auf Powerpoint fixiert und nach innen orientiert ist, ist das ein Kulturwandel. Die zunehmenden Kundenkontakte führen allerdings zu einem anderen Prozess-Problem. „Wir wussten nicht, wie wir mit den Feedbacks der Kunden umgehen sollten“, sagt Scheib im Rückblick auf die vergangenen drei Jahre. Fast 80 Prozent der Iqos-User registrieren sich beim Kauf. Anfangs arbeiten die Mitarbeiter mit normalen Office-Programmen, um deren Daten zu erfassen und zu analysieren. „Excel war zu Beginn der Transformation unser bester Freund“, sagt Scheib.

Doch mit den alten Methoden stößt das Team schnell an Grenzen. Es braucht unter anderem Logiken für die Datenverarbeitung und Gruppierungen. Selbst das Wetter wird in den Auswertungen wichtig, weil es sich auf das Einkaufsverhalten auswirkt. Was für Amazon schon seit Jahrzehnten ein gewohnter Prozess ist, lernt Philip Morris jetzt erst langsam: Omnichannel denken. „Man muss auch die Systeme an veränderte Aktivitäten anpassen“, erklärt Scheib. Mittlerweile hat der Konzern sich daher ein Customer Relationship Management aufgebaut, werden Daten analysiert und Strategien angepasst. Kauft jemand beispielsweise im Store Iqos, dann bekommt er innerhalb von 24 Stunden eine E-Mail, mit der Bitte, auf einer Skala von eins bis zehn seine Erfahrungen im Store zu bewerten.

Für das Unternehmen steckt in den Daten eine Chance zum Dialog. Vor allem bei kritischen Bewertungen rufen Deutschland-Geschäftsführer Markus Essing und Thorsten Scheib auch persönlich die Käufer an, sofern die Kunden dem zuvor zugestimmt haben. Für den Marketing-Mann Scheib ist das wichtig: „Wir wollen zuhören und erfahren, was unsere Kunden bewegt.“

4. Loslassen ist wichtig!

Das ist vermutlich der schwierigste und schmerzhafteste Teil einer Transformation: sich vom Alten verabschieden. „Wir haben unser altes Geschäft mit Leidenschaft betrieben und viel Zeit investiert, um eine Marke wie Marlboro groß zu machen“, sagt Scheib. „Deshalb haben wir auch unterschätzt, wie schwer es fallen kann, loszulassen.“

Es ist ein Prozess, der Verständnis und viel Zeit braucht, der aber alternativlos ist. Beispiel Kommunikation: „Bei gleichbleibenden Budgets muss man etwas gehen lassen, sonst verzettelt man sich“, sagt Scheib. Gehörten in der Vergangenheit in vielen Clubs die Promotionteams zur Ausstattung, sind diese heute verschwunden. Auch die großen Werbekampagnen auf den Plakaten sind Geschichte. Man kann nur erahnen, wie viele emotionale Momente es in den vergangenen Monaten allein am deutschen Sitz in Gräfelfing gegeben haben muss. Doch am Ende geht es um die Glaubwürdigkeit. Um die zu erlangen, helfen manchmal nur harte Schnitte. Ein solcher ist der fast schon legendäre Satz von CEO André Calantzopoulos Ende 2016: „Ich hoffe, eines Tages werden wir keine Zigaretten mehr verkaufen.“ Der Satz zeichnet die Vision von Philip Morris, aber nicht nur. Er ist auch das Signal zum endgültigen Aufbruch aus der alten Welt Richtung Zukunft.

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