Lesbar: Hunsrücker Tabak und der Duft der weiten Welt

Morbacher Tabak-Spinnerei war für ihren „Schinderhannes“-Feinschnitt bekannt

(os/sp) Die Autorin Leona Riemann hat nach drei Bänden „Hunsrücker“ mit eigenen Texten nun einen vierten Band mit Beiträgen anderer Autoren herausgegeben. Drei „Hunsrücker“-Bände hat die in Gödenroth lebende Autorin Leona Riemann verfasst. Sie verfolgt darin in der Zeitspanne vom Mittelalter bis heute das Schicksal von Menschen der unterschiedlichsten sozialen Schichten vom Tagelöhner bis hin zum Burgherrn, Künstler oder Eremiten. Stilistisch bedient sie sich bei den jeweils sieben Beiträgen pro Band der verschiedensten Genres von der Erzählung über die Recherche bis hin zur Biografie, immer eng an tatsächlichen Geschehnissen orientiert.

Soeben ist ein vierter Band „Hunsrücker – zwischen Schiefer, Wald und Scholle“ mit einem ähnlichen Konzept erschienen, mit dem Unterschied, dass Leona Riemann nun in erster Linie als Herausgeberin fungiert und nur einmal selbst als Autorin eines Beitrags in Erscheinung tritt. Das Cover ziert eine uralte Linde, die bis vor 16 Jahren in der Nähe von Lötzbeuren stand und deren knorrige Rinde mit dem Gesicht eines listig und weise dreinschauenden Greises zu verschmelzen scheint. Es sind in der Tat meist knorrige und bodenständige Personen und deren Schicksale, denen der Leser begegnet. Dramatisch und tragisch wird es im ersten Beitrag, einer nach Originaldokumenten verfassten Erzählung von Florian Kugel über den Hexenprozess gegen den Schmied Georg Klein aus dem kleinen Dorf Lütz bei Cochem. Vom Anfangsverdacht über das durch Folter erzwungene Geständnis bis hin zur öffentlichen Verbrennung wird das ganze grausame Geschehen plastisch vor Augen geführt.

Die Tabakspinnerei gehört im Hunsrück zu den abgeschlossenen Kapiteln der Wirtschaftsgeschichte. Mit ihrem Morbacher Zweig befasst sich Herausgeberin Leona Riemann in ihrem Beitrag „Garantiert kein Raucherhusten“. Mit diesem Slogan bewarb die Morbacher Spinnerei Franz Brück einst ihren „Schinderhannes“-Feinschnitt. Die Autorin verbindet in ihrem locker-feuilletonistischen Beitrag augenzwinkernd die Hunsrücker Tabakproduktion mit dem „Duft der großen weiten Welt“, der um die vorletzte Jahrhundertwende vor allem bei gut gestellten und emanzipierten Frauen als chic galt.

Winfried Wagner zeichnet in seinem Beitrag „Wie das Bier nach Kirchberg kam“ die Geschichte der Braukunst in dem Hunsrückstädtchen vom Dreißigjährigen Krieg, als sich vier kriegsmüde, aber braukundige wallonische Söldner in der Nähe von Kirchberg niederließen, bis zur Schließung der von deren Nachkommen gegründeten Brauerei Fuchs im Jahr 1980, mit der die Geschichte des Bierbrauens in Kirchberg zu Ende ging.

Der Band „Hunsrücker – zwischen Schiefer, Wald und Scholle“, herausgegeben von Leona Riemann hat 195 Seiten, kostet 17 Euro.